Wenn jugendliche Gewalttaten in den traditionellen Medien diskutiert werden, kommt es immer auch zu einer Diskussion über jugendgefährdende Potentiale von neuen Medien. Dieser Grundsatz ist wohl so alt wie die Medien selbst. Nach dem Amoklauf in Winnenden war es daher nicht verwunderlich, dass viele deutsche Fernsehstationen nahezu reflexartig Diskussionsrunden über so genannte "Killerspiele" ansetzten. So auch der deutsche, öffentlich rechtliche, Sender WDR in seiner Sendung "Hart aber Fair" vom 11.3.
In der Runde befand sich erwartungsgemäß Prof. Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen. Christian Pfeiffer ist durch seine teilweise sehr polemischen Aussagen bekannt, die ich des Öfteren auch in diesem Weblog stark kritisiert habe. Interessanterweise fiel Pfeiffer aber diesmal weniger durch seine Polemik sondern viel mehr durch seine ungewohnt nüchterne Sichtweise der Dinge auf. So eröffnete er seine Bemerkungen zur Rolle von Computerspielen mit den Worten: "Eines ist klar, man wird nicht durch Killerspiele zum Amokläufer." Später betonte er darüber hinaus, dass die Gewalt an deutschen Schulen eigentlich rückläufig sein. Diese statistische Tatsache hatte er in der Vergangenheit immer unter den Tisch fallen lassen.
Diese Aussagen empfand ich schon einigermaßen verblüffend. Der Mann, der insbesondere auch dadurch auffiel, dass er Computerspielforscher als "Kollaborateure einer Tötungsindustrie" bezeichnete, zeigte sich plötzlich in einer Art und Weise, die einem wissenschaftlichen Experten auch tatsächlich würdig ist. Es war bis zu einem gewissen Grad sogar eine Freude, im zu zuhören. Ich hatte mir von einigen Personen die Pfeiffer näher kennen bereits früher sagen lassen, dass er eigentlich gar nicht hinter seiner eigenen Polemik steht. Dieser Auftritt war aber der erste, wo dies für mich auch sichtbar zu werden schien. Es würde mich freuen, wenn sich hier eine Entspannung in der Diskussion abzeichnen würde. Dem Thema würde das gut tun.
Natürlich heißt dies noch lange nicht, dass wir nun plötzlich der gleichen Meinung wären. Pfeiffer verhält sich wie ein Bewahrpädagoge der ganz alten Schule, ein Zugang der zwar politisch populär aber in der modernen Medienpädagogik längst überholt ist. Doch wenn man einmal die beobachtbare Tatsachen in ähnlicher Weise interpretiert, so könnte zumindest die Basis für eine echte wissenschaftliche Diskussion gefunden sein. Das einzige, dass ich mir jetzt noch wünschen würde ist, dass er den suggestiven Begriff "Killerspiel" zugunsten eines neutraleren Begriffs wie etwa "Ego-Shooter" oder auch "Ballerspiel" ersetzt. Ich vermute aber, dass ich mir da noch zu viel wünsche.
Bei dieser Gelegenheit darf nicht unerwähnt bleiben, dass mich die Rolle des WDR in dieser Sendung entsetzt hat. Immer wieder versuchte der Moderator zu skandalisieren. Es wurden sogar die 22 schlimmsten Sekunden versprochen, die im deutschen Fernsehen jemals gezeigt wurden. Damit war ein Mitschnitt des Ego-Shooters Counter-Strike gemeint, der sich in seiner Darstellung dann aber als weit harmloser erwies als ein Großteil der gegenwärtigen deutschen Krimiserien. Von Nachrichtensendungen will ich da gar nicht reden.
Ein Redakteur des ORF hat mir einmal gesagt, warum es in Österreich schwierig ist, derartige Diskussionsrunden über Computerspiele zu führen: "In Österreich sind alle Experten der gleichen Meinung und das ist langweilig."
Es ist mir schon klar, dass viele dieser Fernsehformate davon leben, dass gestritten wird und in irgendeiner Weise akzeptieren ich das auch. Ist es dadurch aber medienethisch vertretbar, dass ein Moderator mithilfe einer skandalisierenden Polemik Streit bewusst herbei führt und gleichzeitig des Publikum gefährlich in die Irre führt? Vom mir kommt zu dieser Frage ein ganz klares Nein. Diese Sendung war für mich ein Tiefpunkt des öffentlich rechtlichen Journalismus. Niedrigste Qualität von Leuten die es scheinbar nicht einmal mehr für notwendig halten, Kompetenz wenigsten vorzutäuschen.
Fazit: Pfeiffer hart und fair, der Sender aber vollkommen inkompetent.
Hallo,
Habe mir die Sendung gestern Nacht angesehen als ich Videos eingespielt habe... Ich persönlich finde die technische Umsetzung des Web Players sehr gut. Bei den restlichen Punkte gehe ich zu 100 % konform. Mich persönlich hat auch der Pfeiffer gleich beim allerersten Satz total verwundert. So ganz anders als die Aussagen die mir bis jetzt untergekommen sind.
Noch schlimmer fand ich persönlich aber die 30 Min Reportage von RTL kurz nachdem das Attentat war. Als ein Freund meinte, dass er ja auch Computer spielt. Dann Counterstrike im Bild und ein blöder Kommentar dazu ....
Bin schon gespannt wie sich "Österreich" dazu äußert.
Ich persönlich wäre für das Motto: Wissensspiel statt Killerspiel.
Kommentiert von: Alex Pfeiffer | Samstag, 14. März 2009 um 02:56 Uhr
ich würde ja den Medien auch ein gewisses Eigeninteresse unterstellen. Ein Verbot des "Hauptkonkurenten" in der Hauptzielgruppe des TV wäre sicher ein Seegen für das Fernsehen, das seit langem in der fraglichen Altersgruppe Probleme hat...
Kommentiert von: saibot | Freitag, 03. April 2009 um 11:01 Uhr
Mich persönlich hat auch der Pfeiffer gleich beim allerersten Satz total verwundert. So ganz anders als die Aussagen die mir bis jetzt untergekommen sind.
Kommentiert von: ClubPenguinCheats | Mittwoch, 08. September 2010 um 10:33 Uhr